IFRS 9 Stage 2 Ratio Dashboard zeigt Frühwarnindikatoren deutscher Banken
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Stage 2 Ratio als Frühwarnindikator

Die Stage 2 Ratio misst Kredite mit signifikant gestiegenem Kreditrisiko nach IFRS 9. Erfahren Sie Berechnung, SICR-Kriterien und aufsichtsrechtliche Bedeutung.

BanktrackPRO Team
8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4.11.2025
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Die Stage 2 Ratio zeigt Probleme, bevor sie zu NPL werden.

Diese Kennzahl misst Kredite mit signifikant gestiegenem Kreditrisiko nach IFRS 9. Sie ist ein Frühwarnindikator für Portfolioqualität.

Risikomanager und Aufsichtsbehörden beobachten Stage 2 genau. Steigende Werte signalisieren künftige NPL-Probleme und höhere Risikokosten.

Was die Stage 2 Ratio misst

Die Stage 2 Ratio erfasst Kredite mit verschlechterter Bonität.

Nach IFRS 9 müssen Banken Kreditrisiken in drei Stufen klassifizieren. Stage 2 umfasst alle Engagements, bei denen das Kreditrisiko seit Vergabe signifikant gestiegen ist (SICR - Significant Increase in Credit Risk).

Berechnung:

Stage 2 Ratio = (Stage 2 Kredite / Gesamtbruttokreditvolumen) × 100

Die Kennzahl zeigt den Anteil risikobehafteter Kredite am Portfolio.

Banken identifizieren SICR anhand quantitativer und qualitativer Kriterien. Die EBA gibt Leitlinien vor, aber Banken haben Ermessensspielräume bei der Ausgestaltung ihrer internen Modelle.

Typische SICR-Indikatoren:

  • Zahlungsverzug über 30 Tage
  • Rating-Verschlechterung um definierte Schwellen
  • Aufnahme in die Watchlist
  • Forbearance-Maßnahmen (Stundung, Restrukturierung)
  • Signifikante Erhöhung der Ausfallwahrscheinlichkeit (PD)

Ein Kredit in Stage 2 ist noch nicht ausgefallen... aber das Warnsignal blinkt bereits rot.

IFRS 9 Stufenmodell erklärt

IFRS 9 revolutionierte die Kreditrisikovorsorge.

Der Standard führte 2018 das Expected Credit Loss (ECL) Modell ein. Es ersetzt das alte "Incurred Loss" Prinzip. Banken müssen jetzt vorausschauend Verluste erfassen, nicht erst nach Eintritt.

StageBeschreibungRisikovorsorgeNPL-Status
Stage 1Performing, kein SICR12-Monats-ECLNein
Stage 2SICR eingetretenLifetime ECLNein
Stage 3Credit-impaired, ausgefallenLifetime ECLJa (NPL)

Das Modell funktioniert wie eine Ampel.

Stage 1 ist grün: Alles normal, nur geringe Vorsorge für 12-Monats-Erwartungsverluste. Stage 2 ist gelb: Risiko steigt, jetzt muss die Bank für die gesamte erwartete Restlaufzeit vorsorgen. Stage 3 ist rot: Ausfall eingetreten, volle Wertberichtigung erforderlich.

Wichtige Unterschiede:

12-Monats-ECL (Stage 1):

  • Erfasst nur Verluste, die in den nächsten 12 Monaten eintreten könnten
  • Niedrige Provisions
  • Typischerweise 0,1-0,5% des Kreditvolumens

Lifetime ECL (Stage 2 + 3):

  • Erfasst alle erwarteten Verluste über die Restlaufzeit
  • Deutlich höhere Provisions
  • Stage 2 typisch 2-5%, Stage 3 oft 30-70%

Die Umstufung von Stage 1 zu Stage 2 erhöht die Risikovorsorge drastisch. Bei einem 5-Jahres-Kredit über 1 Mio. € kann der Sprung von 5.000 € (Stage 1) auf 30.000 € (Stage 2) Provision bedeuten.

Berechnung und Interpretation

Die Berechnung ist simpel, die Interpretation komplex.

Praxisbeispiel:

Die Stadtsparkasse West hat folgende Kreditklassifikation:

  • Stage 1 Kredite: 7.200 Mio. €
  • Stage 2 Kredite: 950 Mio. €
  • Stage 3 Kredite (NPL): 280 Mio. €
  • Gesamtbrutto: 8.430 Mio. €

Berechnung Stage 2 Ratio:

Stage 2 Ratio = (950 / 8.430) × 100
Stage 2 Ratio = 11,3%

Interpretation: 11,3% liegen im normalen Bereich deutscher Sparkassen. Die Bank sollte die Entwicklung beobachten, aber es besteht kein akuter Handlungsbedarf.

Stage 2 RatioBewertungHandlungsempfehlung
< 8%Sehr gutRoutine-Monitoring
8-15%GutQuartalsweise Review
15-25%ErhöhtIntensivierte Überwachung, Workout-Plan
> 25%KritischSofortmaßnahmen, Aufsichtsdialog

Deutsche Banken liegen meist zwischen 8% und 15%.

Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben oft niedrigere Werte durch konservative Kreditvergabe und regionale Nähe. Große Privatbanken zeigen höhere Stage 2 Ratios wegen komplexerer Portfolios und internationaler Exposure.

Warnsignale:

  • Starker Anstieg innerhalb eines Quartals (> 2 Prozentpunkte)
  • Stage 2 Ratio deutlich über Peer-Group
  • Hohe Übergangsrate von Stage 1 zu Stage 2
  • Niedrige Curing-Rate (Rückführung zu Stage 1)

Die Aufsicht verlangt detaillierte Analysen bei auffälligen Entwicklungen.

Aufsichtsrechtliche Bedeutung

Die EZB überwacht Stage 2 Ratios intensiv.

Im Rahmen des SREP (Supervisory Review and Evaluation Process) prüfen Aufseher die Entwicklung vierteljährlich. Banken müssen die Einstufungslogik transparent dokumentieren und Schwellenwerte begründen können.

Reporting-Anforderungen:

  • Vierteljährliche Meldung an EZB (FINREP-Templates)
  • Aufschlüsselung nach Branchen und Produktarten
  • Analyse der Transfer-Bewegungen zwischen Stages
  • Forward-looking Scenarios für ECL-Berechnung

Die Aufsicht erwartet, dass Banken ihre SICR-Kriterien regelmäßig validieren.

Zu restriktive Kriterien führen zu späten Umstufungen und unterschätzten Provisions. Zu großzügige Kriterien blähen Stage 2 auf und belasten Ergebnis unnötig. Das richtige Maß zu finden ist eine Herausforderung.

Aufsichtsrechtliche Konsequenzen:

  • Bei Werten > 20%: Vertiefte Analyse im SREP
  • Mögliche Kapitalpuffer nach Säule 2
  • Beschränkungen bei Dividendenausschüttungen
  • In extremen Fällen: Moratorium für Neugeschäft

Banken mit dauerhaft hohen Stage 2 Ratios geraten unter Druck. Die Aufsicht fordert dann Sanierungspläne, intensiviertes Monitoring und Workout-Strategien zur Reduzierung der Stage 2 Bestände.

Best Practices für das Management:

  • Regelmäßige Kalibrierung der SICR-Trigger
  • Proaktive Workout-Programme für Stage 2
  • Szenario-Analysen für makroökonomische Schocks
  • Transparente Dokumentation aller Modellentscheidungen

Verbindung zu anderen Kennzahlen

Stage 2 ist der Vorlaufindikator für NPL und Risikokosten.

Kredite in Stage 2 werden oft später zu NPL. Studien zeigen: 15-25% der Stage 2 Kredite fallen innerhalb von 12 Monaten in Stage 3. Eine hohe Stage 2 Ratio signalisiert also künftig steigende NPL-Quoten.

Kennzahlen-Zusammenhang:

Stage 2 Ratio ↑ (heute)
    ↓
NPL-Quote ↑ (in 6-18 Monaten)
    ↓
Deckungsquote ↓ (falls Provisions nicht ausreichen)
    ↓
Risikokosten ↑ (zusätzliche Provisions nötig)

Die Stage 2 Ratio ist damit ein Leading Indicator.

NPL-Quote und Risikokosten sind Lagging Indicators. Sie zeigen, was bereits passiert ist. Stage 2 zeigt, was kommen wird. Deshalb nutzen professionelle Investoren diese Kennzahl für Frühwarnungen.

Für die Gesamtanalyse empfiehlt sich:

  1. Stage 2 Ratio prüfen für Frühwarnung
  2. NPL-Quote analysieren für Bestandsrisiko
  3. Deckungsquote bewerten für Provisions-Qualität
  4. Risikokosten einschätzen für P&L-Impact
  5. Texas Ratio berechnen für Solvenzrisiko

Investoren achten besonders auf die Dynamik. Eine Bank mit 12% Stage 2 Ratio aber sinkender Tendenz ist besser aufgestellt als eine mit 10% aber steigendem Trend.

Die Kombination aus Stage 2 Ratio und Curing-Rate gibt Aufschluss über die Workout-Fähigkeit. Hohe Curing-Rates (Rückstufungen von Stage 2 zu Stage 1) zeigen effektives Risikomanagement. Niedrige Curing-Rates deuten auf systemische Probleme hin.

Häufig gestellte Fragen

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Das BanktrackPRO Redaktionsteam besteht aus Finanzexperten und Datenanalysten, die sich auf deutsche Bankprodukte und Zinsentwicklungen spezialisiert haben.

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