
Risikokosten verstehen und berechnen
Risikokosten (Cost of Risk) messen die Kreditrisikovorsorge in Basispunkten. Erfahren Sie Berechnung, Interpretation und strategische Bedeutung für Banken.
📢 Hinweis: Dieser Artikel wurde durch unsere umfassende Cost of Risk Artikelserie ersetzt. Für aktuelle und detaillierte Informationen empfehlen wir:
- Definition & Berechnung – Grundlagen und Formel
- Treiber & Zyklen – Einflussfaktoren und Konjunktur
- Benchmarks & Peers – Branchenvergleiche und regulatorische Erwartungen
Der Inhalt unten bleibt zur Referenz verfügbar.
Risikokosten zeigen, was Kreditrisiken wirklich kosten.
Diese Kennzahl misst die Kreditrisikovorsorge im Verhältnis zum durchschnittlichen Kreditvolumen. Sie ist ein Frühwarnindikator.
Für Risikomanager, Analysten und Investoren ist der Cost of Risk unverzichtbar. Er verbindet Risiko und Ertrag.
Was Risikokosten messen
Die Risikokosten (Cost of Risk, CoR) erfassen die Aufwendungen für Kreditrisiken.
Sie werden in Basispunkten (bps) ausgedrückt. Ein Basispunkt entspricht 0,01 Prozent. Diese Kennzahl zeigt, wie viel Prozent des Kreditvolumens eine Bank für Risikovorsorge aufwenden muss.
Komponenten der Risikokosten:
- Kreditwertberichtigungen auf notleidende Kredite
- Vorsorgliche Wertberichtigungen (IFRS 9 Stage 1 und 2)
- Direktabschreibungen unwiederbringlicher Forderungen
- Abzüglich Eingänge aus abgeschriebenen Krediten
Die Risikokosten erfassen mehr als nur Ausfälle.
Sie umfassen auch Vorsorge für verschlechterte Bonität und makroökonomische Risiken. Banken müssen nach IFRS 9 forward-looking Provisions bilden. Das bedeutet: Auch erwartete Verluste fließen ein, bevor Kredite ausfallen.
| Komponente | Beispiel | Auswirkung |
|---|---|---|
| Neubildung Stage 3 | 100 Mio. € | +100 bps |
| Stage 1/2 Vorsorge | 20 Mio. € | +20 bps |
| Direktabschreibungen | 30 Mio. € | +30 bps |
| Eingänge | -10 Mio. € | -10 bps |
| Netto CoR | 140 Mio. € | 140 bps |
Die Berechnung im Detail
Die Formel ist simpel, aber aussagekräftig.
Berechnung:
Risikokosten (bps) = (Kreditrisikovorsorge / Ø Bruttokreditvolumen) × 10.000
Das Ergebnis zeigt, wie viele Basispunkte des Kreditvolumens für Risiken aufgewendet werden.
Praxisbeispiel:
Die Regionalbank AG weist folgende Werte auf:
- Durchschnittliches Bruttokreditvolumen: 8.500 Mio. €
- Kreditrisikovorsorge (Jahressumme): 34 Mio. €
Berechnung:
CoR = (34 Mio. / 8.500 Mio.) × 10.000
CoR = 0,004 × 10.000
CoR = 40 bps
Interpretation: Die Bank wendet 0,4% ihres Kreditvolumens für Risikovorsorge auf. Das liegt im soliden Mittelfeld deutscher Regionalbanken.
Wichtige Hinweise zur Berechnung:
- Verwenden Sie das durchschnittliche Kreditvolumen (nicht Stichtag)
- Berücksichtigen Sie alle Kreditwertberichtigungen
- Rechnen Sie Eingänge aus abgeschriebenen Krediten gegen
- Nutzen Sie Jahreswerte für Vergleichbarkeit
Die Quartalswerte können stark schwanken. Deshalb arbeiten Analysten oft mit rollierenden 12-Monats-Durchschnitten.
Interpretation der Werte
Risikokosten variieren stark nach Geschäftsmodell und Konjunktur.
| CoR-Bereich | Bewertung | Typisch für |
|---|---|---|
| < 20 bps | Sehr gut | Sparkassen, konservative Portfolios |
| 20-40 bps | Gut | Genossenschaftsbanken, Regionalbanken |
| 40-60 bps | Ausreichend | Privatbanken, gemischte Portfolios |
| 60-100 bps | Erhöht | International tätige Banken |
| > 100 bps | Kritisch | Krisensituationen, Problembanken |
Deutsche Banken liegen meist zwischen 20 und 50 Basispunkten.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken zeigen oft niedrigere Werte. Ihr Geschäft ist regional verankert und konservativ. Große Privatbanken haben höhere Risikokosten durch internationale Exposure und komplexere Portfolios.
Einflussfaktoren:
- Konjunktur: In Rezessionen steigen CoR deutlich
- Portfolioqualität: Hohe NPL-Quoten treiben CoR
- Sicherheiten: Gut besicherte Kredite senken CoR
- Geschäftsmodell: Retailbanken haben niedrigere CoR als Corporatebanken
Die EZB erwartet, dass Banken ihre Risikokosten langfristig unter 60 bps halten. Höhere Werte über mehrere Jahre deuten auf strukturelle Probleme hin... und können aufsichtsrechtliche Maßnahmen auslösen.
Strategische Bedeutung für Banken
Risikokosten beeinflussen die Profitabilität direkt.
Sie schmälern die Zinsmarge. Eine Bank mit 2,0% Netto-Zinsmarge und 50 bps CoR hat nur noch 1,5% für Betriebskosten und Gewinn übrig. Das ist knapp bei typischen Cost-Income-Ratios von 60-70%.
Auswirkung auf die Rentabilität:
ROE = (Zinsmarge - Cost of Risk - Kosten) × Leverage
Beispiel:
Zinsmarge: 2,0%
CoR: 0,5%
Kosten: 1,2%
= 0,3% Vorsteuerergebnis
Bei niedrigem Leverage bleibt wenig Eigenkapitalrendite.
Banken steuern aktiv gegen hohe Risikokosten. Sie verschärfen Kreditstandards, bauen Problemkredite ab und diversifizieren Portfolios. Einige setzen auf Verbriefungen, um Risiken zu transferieren.
Strategische Hebel:
- Strengere Kreditvergabekriterien
- Frühwarnsysteme für Bonitätsverschlechterungen
- Workout-Teams für Stage 2 Kredite
- Portfolio-Diversifikation nach Branchen und Regionen
- Verkauf notleidender Kredite
Die Aufsicht beobachtet Risikokosten genau. Dauerhaft hohe Werte führen zu kritischen Fragen im SREP-Dialog und können höhere Kapitalpuffer nach Säule 2 auslösen.
Zusammenhang mit anderen Kennzahlen
Risikokosten sind eng mit der NPL-Quote verknüpft.
Hohe NPL-Quoten führen typischerweise zu hohen Risikokosten. Aber der Zusammenhang ist nicht linear. Eine Bank kann niedrige NPL haben und trotzdem hohe CoR, wenn sie vorsorglich Stage 1 und 2 Provisions aufbaut.
Kennzahlen-Dreiklang:
- NPL-Quote: Bestand notleidender Kredite
- Deckungsquote: Absicherung der NPL durch Provisions
- Risikokosten: Laufende Vorsorgeaufwendungen
Gemeinsam zeichnen sie ein vollständiges Bild der Kreditqualität.
Die Deckungsquote zeigt, wie gut bestehende Problemkredite abgesichert sind. Risikokosten erfassen die dynamische Entwicklung. Eine Bank mit 70% Deckungsquote aber steigenden CoR signalisiert: Neue Probleme entstehen schneller als alte gelöst werden.
Für die Analyse empfiehlt sich:
- NPL-Quote für Bestandsrisiken prüfen
- Deckungsquote für Vorsorge-Qualität analysieren
- Risikokosten für Trend und Profitabilität bewerten
- Texas Ratio für Gesamtrisiko einschätzen
Investoren nutzen Risikokosten auch zur Bewertung. Banken mit dauerhaft niedrigen CoR erzielen höhere Multiples, weil ihr Ergebnis stabiler ist.
Häufig gestellte Fragen
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