Cost of Risk Benchmarks deutscher und europäischer Banken im Vergleich
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Cost of Risk Benchmarks und Peer-Vergleiche für Banken

Cost of Risk Benchmarks nach Bankentyp, internationale Vergleiche und regulatorische Erwartungen. Positionieren Sie Ihre Bank im Wettbewerbsumfeld.

BanktrackPRO Team
7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4.11.2025
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Cost of Risk Benchmarks zeigen, wie gut eine Bank abschneidet.

Der Vergleich mit Peers offenbart Stärken und Schwächen. Er hilft bei strategischen Entscheidungen.

Für Aufsichtsbehörden, Investoren und Management ist die Einordnung im Wettbewerb unverzichtbar. Wer seine Position kennt, kann gezielt verbessern.

Branchenbenchmarks nach Bankentyp

Cost of Risk variiert stark nach Geschäftsmodell und Kundensegment.

Deutsche Banken lassen sich in drei Hauptgruppen einteilen. Jede Gruppe zeigt typische CoR-Bandbreiten basierend auf Portfoliostruktur und Risikoappetit.

Sparkassen:

  • Typischer CoR: 20-35 bps
  • Charakteristik: Konservative Kreditvergabe, regionale Verankerung
  • Portfolio: Überwiegend Retail und KMU, hohe Besicherungsquote
  • Volatilität: Niedrig, geringe Schwankungen über Zyklen
  • Besonderheiten: Gewährträger haftung (historisch), Regionalprinzip begrenzt Diversifikation

Genossenschaftsbanken:

  • Typischer CoR: 25-40 bps
  • Charakteristik: Mitgliederorientiert, stabiles Retailgeschäft
  • Portfolio: KMU-lastig, landwirtschaftliche Kredite, Immobilienfinanzierung
  • Volatilität: Niedrig bis mittel
  • Besonderheiten: Sicherungssystem schützt vor Ausfällen, konservative Standards

Privatbanken und Landesbanken:

  • Typischer CoR: 40-80 bps
  • Charakteristik: Komplexe Portfolios, internationale Exposure
  • Portfolio: Großkredite, Corporates, Structured Finance
  • Volatilität: Hoch, stark zyklisch
  • Besonderheiten: Höhere Risikobereitschaft, Legacy-Portfolios belasten

Direktbanken:

  • Typischer CoR: 30-50 bps
  • Charakteristik: Standardisierte Produkte, Score-basierte Vergabe
  • Portfolio: Konsumentenkredite, Standardhypotheken
  • Volatilität: Mittel
  • Besonderheiten: Automatisierte Prozesse, wenig individuelle Bonitätsprüfung
BankentypØ CoR (Normal)CoR (Krise)Haupttreiber
Sparkassen20-35 bps50-70 bpsRegionale Wirtschaft, KMU
Genossenschaftsbanken25-40 bps55-80 bpsLandwirtschaft, KMU
Privatbanken40-80 bps100-200 bpsGroßkredite, International
Landesbanken50-90 bps150-250 bpsStructured Finance, Legacy
Direktbanken30-50 bps70-100 bpsKonsumentenkredite

Die Unterschiede erklären sich durch Risikoappetit und Portfolio-Mix.

Sparkassen fokussieren auf besicherte Kredite und lokale KMU mit langjährigen Beziehungen. Privatbanken akzeptieren höhere Risiken für höhere Margen im Corporategeschäft. Direktbanken haben keine persönliche Kundenbeziehung, dafür standardisierte Prozesse.

Performance-Gruppen innerhalb der Segmente:

Auch innerhalb eines Segments gibt es erhebliche Unterschiede:

  • Top-Quartil: 30-50% unter Segmentdurchschnitt
  • Median: Benchmark-Wert
  • Bottom-Quartil: 40-80% über Segmentdurchschnitt

Top-Performer zeichnen sich durch sophisticated Risk Management, Frühwarnsysteme und konsequentes Workout aus.

Internationaler Vergleich

Deutsche Banken schneiden im europäischen Vergleich gut ab.

Die historisch niedrigen CoR deutscher Institute spiegeln konservative Kreditkultur und stabile Wirtschaft wider. Südeuropäische Banken kämpfen mit Legacy-NPL und schwächeren Portfolios.

Europäischer CoR-Vergleich (Durchschnitt 2015-2023):

Land/RegionØ CoRHauptfaktoren
Deutschland30-45 bpsKonservativ, stabile Wirtschaft
Österreich35-50 bpsÄhnlich Deutschland, CEE-Exposure
Niederlande25-40 bpsHohe Hypothekenqualität
Frankreich40-60 bpsGemischt, Retailfokus
UK35-55 bpsVolatile, Brexit-Impact
Spanien70-120 bpsImmobilienkrise-Legacy
Italien80-150 bpsHohe NPL, schwache Konjunktur
Griechenland150-300 bpsKrisenbehaftet, hohe NPL
Nordeuropa20-35 bpsStabil, geringe Ausfälle

Nordeuropäische Banken (Schweden, Norwegen, Dänemark) haben die niedrigsten CoR weltweit.

Ihre Portfolios sind hochqualitativ, Wirtschaft stabil und Kreditkultur konservativ. Griechische und italienische Banken kämpfen mit strukturellen Problemen aus der Eurokrise 2010-2015.

US-Banken zum Vergleich:

  • US Regional Banks: 40-70 bps
  • US Money Center Banks: 50-90 bps
  • Besonderheit: Höhere Charge-Off-Raten aber schnellere NPL-Verwertung

US-Banken schreiben schneller ab als europäische. Das führt zu höheren kurzfristigen CoR, aber schnellerem Portfoliobereinigung.

Faktoren für internationale Unterschiede:

  • Rechtssystem: Schnelle Verwertung (UK, Nordeuropa) vs. lange Verfahren (Italien, Spanien)
  • Wirtschaftsstabilität: BIP-Wachstum, Arbeitslosigkeit
  • Kreditkultur: Konservativ (Deutschland) vs. aggressive Vergabe (Spanien 2000-2008)
  • Regulierung: Strenge Aufsicht (Deutschland, Nordeuropa) vs. laxere Standards (Südeuropa vor 2008)
  • Sicherheitenrecht: Effektive Durchsetzung variiert stark

Deutsche Banken profitieren von stabilem Rechtsrahmen und konservativer Regulierung. Die BaFin setzt hohe Standards seit Jahrzehnten.

Konvergenz durch EZB-Aufsicht:

Seit SSM (Single Supervisory Mechanism) 2014 konvergieren Standards. Die EZB fordert:

  • Einheitliche NPL-Definition
  • Harmonisierte Provisioning-Standards
  • NPL-Reduzierungspläne für Problembanken
  • Vergleichbare Offenlegung

Das führt zu schrittweiser Angleichung. Südeuropäische Banken haben CoR reduziert, liegen aber noch deutlich über deutschen Werten.

Interpretation von Schwellenwerten

CoR-Schwellenwerte müssen im Kontext interpretiert werden.

Ein pauschaler Wert "gut" oder "schlecht" greift zu kurz. Geschäftsmodell, Konjunktur und Portfolio-Mix beeinflussen die Bewertung.

Grundlegende Schwellenwertlogik:

CoR-BereichBewertungTypisch fürAufsichtliche Reaktion
< 20 bpsHervorragendTop-Sparkassen, NischenKeine
20-40 bpsGutMainstream-RetailKeine
40-60 bpsAkzeptabelUniversalbanken, MixedBeobachtung
60-100 bpsErhöhtProblemportfolios, KriseIntensive Aufsicht
> 100 bpsKritischKrisensituationMaßnahmen erforderlich

Aber: Diese Werte müssen adjustiert werden.

Adjustierungen für Kontextfaktoren:

  1. Geschäftsmodell-Adjustment:

    • Retailbank: -10 bps
    • Corporatebank: +15 bps
    • Nischenbank (Private Banking): -15 bps
    • International diversifiziert: +10 bps
  2. Konjunktur-Adjustment:

    • Boom-Phase: -10 bps Toleranz
    • Normal: Benchmark
    • Rezession: +30-50 bps Toleranz
    • Strukturkrise: +50-100 bps kurzfristig toleriert
  3. Portfolio-Quality-Adjustment:

    • Besicherungsquote > 80%: -10 bps
    • Hohe Branchen konzentration: +15 bps
    • Viele Legacy-NPL: +20-40 bps

Beispiel-Interpretation:

Eine Landesbank mit 75 bps CoR in 2023:

  • Basiswert: 75 bps
  • Geschäftsmodell-Adjustment: +15 bps (Corporate-fokus)
  • Konjunktur: Normal (keine Adjustment)
  • Portfolio: +10 bps (Legacy-Exposure)
  • Adjustiert: 75 - 25 = 50 bps effektiv
  • Bewertung: Akzeptabel für das Geschäftsmodell

Ohne Kontext erscheint 75 bps erhöht. Mit Kontext ist es nachvollziehbar.

Dynamische Betrachtung ist entscheidend:

  • Trend: Sinkende CoR besser als steigende
  • Volatilität: Stabile CoR besser als schwankende
  • Quartals-Anomalien: Einmaleffekte herausrechnen

Eine Bank mit steigenden CoR von 30 auf 50 bps verdient mehr Aufmerksamkeit als eine stabil bei 60 bps.

Peer-Analyse Methodik

Aussagekräftige Peer-Vergleiche erfordern Methodik und Sorgfalt.

Naive Vergleiche führen zu Fehlschlüssen. Sie müssen Äpfel mit Äpfeln vergleichen, nicht mit Birnen.

Schritte für robusten Peer-Vergleich:

1. Peer-Gruppe definieren:

  • Ähnliches Geschäftsmodell (Retail vs. Corporate)
  • Vergleichbare Größe (Bilanzsumme +/- 50%)
  • Gleiche Region oder ähnliche Märkte
  • Ähnliche Portfoliostruktur

2. Datenbasis harmonisieren:

  • Gleiche Berechnungsmethodik sicherstellen
  • IFRS 9 vs. lokale GAAP berücksichtigen
  • Einmaleffekte herausrechnen (NPL-Verkäufe, Abspaltungen)
  • Rollierende 12-Monats-Werte nutzen

3. Kontext-Faktoren berücksichtigen:

  • Konjunkturelle Unterschiede (regionale Wirtschaftskraft)
  • Rechnungslegungsunterschiede
  • Aufsichtsregime
  • Geschäftsmodell-Nuancen

4. Mehrjahres-Perspektive einnehmen:

  • Mindestens 3-5 Jahre analysieren
  • Volle Konjunkturzyklen abdecken
  • Trendentwicklung wichtiger als Punktwerte

5. Quartils-Analyse durchführen:

  • Top-Quartil, Median, Bottom-Quartil identifizieren
  • Eigene Position einordnen
  • Abstand zu Median und Best-Practice messen

Praktisches Beispiel:

Sie analysieren eine regionale Sparkasse mit 35 bps CoR:

  1. Peer-Gruppe: 15 vergleichbare Sparkassen (Bilanzsumme 5-15 Mrd. €)
  2. Datenbasis: IFRS 9, rollierende 12 Monate, 2020-2024
  3. Ergebnis:
    • Top-Quartil: < 25 bps
    • Median: 32 bps
    • Bottom-Quartil: > 45 bps
  4. Einordnung: Leicht über Median, deutlich unter Bottom-Quartil
  5. Bewertung: Solide, aber Verbesserungspotenzial zu Top-Quartil

Zu vermeidende Fehler:

  • Vergleich mit international tätigen Großbanken
  • Ignorieren von Einmaleffekten (Verkäufe, Restrukturierungen)
  • Nur Jahresenddaten nutzen (kann verzerrt sein)
  • Unterschiedliche Rechnungslegung nicht berücksichtigen
  • Kurzfristige Ausreißer überinterpretieren

Datenquellen für Peer-Vergleiche:

  • Offenlegungsberichte (Säule 3)
  • EBA Transparency Exercise
  • Geschäftsberichte
  • BaFin Statistiken
  • Bloomberg / S&P Datenbanken

Die EBA veröffentlicht halbjährlich Risk Dashboard mit aggregierten Benchmarks für significant institutions.

Regulatorische Erwartungen

Die Aufsicht hat klare Erwartungen an Cost of Risk.

Die EZB als SSM-Aufsicht überwacht CoR-Entwicklung intensiv. Dauerhaft hohe Werte triggern aufsichtsrechtliche Maßnahmen.

EZB-Erwartungen im SREP:

Der Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) bewertet Risiken vierteljährlich:

  • Score 1 (Low Risk): CoR < 40 bps, stabil, robust gesteuert
  • Score 2 (Medium-Low): CoR 40-60 bps, überwacht, akzeptabel
  • Score 3 (Medium-High): CoR 60-100 bps, erhöhte Aufmerksamkeit
  • Score 4 (High Risk): CoR > 100 bps, intensive Aufsicht, Maßnahmen

Ein SREP-Score 3 oder 4 für Kreditrisiko führt zu:

  • Höheren Säule 2 Kapitalpuffern (P2R)
  • Quartalsweisen Risk Committee Meetings mit Aufsicht
  • Verpflichtung zu Risikoreduktionsplan
  • Einschränkungen bei Dividenden

NPL-Guidance und CoR:

Die EZB NPL-Guidance von 2017 erwartet:

  • Abbaupläne für NPL-Quoten > 5%
  • Provisions auf neue NPL innerhalb 2 Jahren (unsichert) bzw. 7 Jahren (besichert)
  • Dies treibt CoR kurzfristig nach oben

Banken mit hohen NPL-Beständen müssen aggressive Provisions bilden. Das erhöht CoR temporär, reduziert aber langfristig Risiko.

BaFin-Anforderungen:

Die BaFin ergänzt EZB-Aufsicht für Less Significant Institutions:

  • Mindestanforderungen an Risikomanagement (MaRisk)
  • Erwartung robuster Frühwarnsysteme
  • Angemessene Dotierung der Risikovorsorge
  • Stresstests müssen CoR-Anstiege abbilden

Kapitalauswirkungen hoher CoR:

Dauerhaft hohe CoR signalisieren Risikomodellschwächen. Die Aufsicht kann reagieren mit:

  • Multiplier auf RWA: +10-25% für riskante Portfolios
  • P2R-Zuschläge: 0,5-2,0% zusätzliches Kapital
  • P2G (Guidance): Nicht rechtsverbindlich aber faktisch Mindestanforderung

Eine Bank mit strukturell 120 bps CoR zahlt 1-2% mehr Eigenkapital. Bei 10 Mrd. € RWA sind das 100-200 Mio. € gebundenes Kapital.

Forward-Looking-Expectations:

Die EZB fordert seit 2020 stärkere Forward-Looking-Komponente:

  • Stress-CoR in adverse Szenarien offenlegen
  • Makro-Szenarien realistisch kalibrieren
  • Management Overlays transparent dokumentieren
  • Vorsorgliche Dotierung in guten Zeiten

Banken, die nur reagieren statt proaktiv zu provisonieren, erhalten schlechtere SREP-Scores.

Best Practice aus Aufsichtssicht:

  1. CoR langfristig unter 60 bps halten
  2. Volatilität durch antizyklische Provisions dämpfen
  3. Sophisticated Risk Management nachweisen
  4. Transparente Offenlegung und Erklärung
  5. Proaktives Problemkreditmanagement

Banken mit diesen Charakteristika erhalten Score 1 oder 2 und minimale Kapitalpuffer.

Häufig gestellte Fragen

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Redaktion

Das BanktrackPRO Redaktionsteam besteht aus Finanzexperten und Datenanalysten, die sich auf deutsche Bankprodukte und Zinsentwicklungen spezialisiert haben.

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